Unser Chefberater Dr. Vincenzo Urso berichtet
Mitte September machte ich einen Ausflug nach S. Vito Lo Capo an der Nord-West-Küste Siziliens. Ich war total beeindruckt nicht nur von der wunderbaren Naturkulisse und dem goldenen Feinsand des langen Strandes. Aus den Straßen kamen feine Speisedüfte, die die Nase füllten und zum Essen einluden. „Was ist hier los?“ fragte ich mich. Ich bin, ohne es zu wissen, mitten in das Couscous- Festival geraten, das, wie ich dort erfuhr, jedes Jahr um diese Zeit in S.Vito Lo Capo stattfindet. Starköche aus Marokko, Tunesien, Algerien und anderen Ländern – und natürlich aus Sizilien – zeigen hier ihre Kunst in der Zubereitung von Couscous und hoffen, auf das Podium der Gewinner zu steigen.
Ich kannte den (man darf laut Duden auch sagen: das) Couscous aus Favignana, einer Insel vor Trapani, wo meine Familie die Tradition dieses köstlichen Gerichts pflegte.
Eigentlich ist der Couscous eine nordafrikanische Speise aus Hartweizengrieß oder Hirse. Es war aber nicht schwierig, die 150 km zu überwinden, die Tunesien von Sizilien trennen. Schon im Mittelalter bestanden wechselnde Beziehungen zwischen Sizilien und der arabischen Welt. Und der Couscous ist eben auch schon seit Jahrhunderten in Westsizilien etabliert. Aber seit etwa Mitte des 20. Jahrhunderts, als zehntausende nordafrikanische Fischer auf den sizilianischen Fischerkuttern Arbeit fanden, hat sich der Couscous vor allem in der Provinz Trapani noch mal stark verbreitet.
Die Sizilianer haben das Rezept auf ihre Art veredelt. Sie verwenden kaum Fleisch (die Nordafrikaner bereiten ihren Couscous vor allem mit Hammelfleisch zu). Die Sizilianer hingegen setzen vorwiegend Fisch und Meeresfrüchte ein. Die Beilagen sind Tomaten, Paprika, Auberginen, gewürzt mit Peperoncino, Kümmel, Ingwer, Knoblauch und Nelken.
Aus meiner Kindheit habe ich in Erinnerung, wie ältere Frauen im Schatten ihrer Häuser damit beschäftig waren, den sizilianischen Couscous vorzubereiten. Die Frauen sollten ihn „ncucciare“, das heißt, mit geschickten Fingerbewegungen mit den Zutaten vermischen. Wobei natürlich auch immer ein ordentlicher Schuss Olivenöl dazugehörte. Dann sollte die Masse eine Zeitlang ruhen. Anschließend wurde der Grieß mit Dampf in einem Spezialtopf aus Ton („la couscoussiera“) gegart.
Die Fischsuppe haben die Männer gekocht, der Sud wurde über den Grieß gegossen und dann konnte man essen, meistens im Freiem, im Schatten eines alten Johannisbrotbaums. Damit das Essen warm blieb, wurde die Terrine mit einem Tuch zugedeckt. Jeder bekam Grieß, Fisch und eine Beilage von Auberginen, Paprika und Tomaten. Wir Kinder haben davon gegessen bis der Magen platzte.
In S.Vito Lo Capo präsentieren die Spitzenköche viele Variationen vom Couscous - und die Touristen können sich auch satt essen. Es ist eine einmalige Gelegenheit!
Couscous ist auch eine sizilianische Spezialität!
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